Ehrlich gesagt, bin ich keine Anhängerin von Neuerscheinungen, farbenfrohen Buchumschlägen oder Bestsellerlisten. Meine Leidenschaft gilt vielmehr dem Stöbern durch Klassiker, vergünstigte Exemplare und den Wiederentdeckungen des 20. Jahrhunderts. Daher fühle ich mich nicht nur in Antiquariaten oder unabhängigen Buchhandlungen wohl, sondern auch bei Thalia.
In meiner Stadt existiert kein Thalia mehr, denn vor einigen Jahren wurde die Filiale geschlossen. Daher nutze ich jede Gelegenheit, wenn ich in eine Großstadt reise, um bei Thalia vorbeizuschauen. Letzte Woche, am Faschingswochenende, hatte ich die Möglichkeit, Thalia in Düsseldorf zu besuchen, und das Erlebnis hat mich ganz glücklich gemacht.
Ich erzähle euch gleich warum – und es hat nichts mit dem zu tun, was ihr vielleicht denkt. Klassiker, reduzierte Exemplare und Wiederentdeckungen kann ich problemlos auch online durchstöbern. Doch bei Thalia finde ich etwas, das sich nicht virtuell erleben lässt: die Menschen. Wer sind die Menschen, die sich bei Thalia in Düsseldorf, München oder Stuttgart aufhalten? Kaufen sie wirklich Bücher, oder erfüllen sie sich, so wie ich, ganz andere Bedürfnisse?
Hinter einem Dostoevsky versteckt oder in einem Lesesessel versunken habe ich diesmal besonders aufmerksam beobachtet. Dabei sind mir fünf Typen von Menschen aufgefallen, die an diesem Faschingssamstag bei Thalia in Düsseldorf verweilten. Am Ende verrate ich euch, zu welchem Typ ich gehörte, obwohl ich denke, dass man es schon jetzt erraten kann.
der Mensch, der Bilder von Büchern macht
Bilder für Blogs, Instagram oder Tiktok vermutlich. Oder Bilder von Büchern, die man dann doch irgendwo online günstig kaufen könnte. Immerhin, auch der Mensch, der von Thalia nur die Bilder von Büchern mitnimmt, wird sich vielleicht auch mal die Bücher kaufen und lesen. Im Grunde genommen geht es hier vor allem darum, dass die Leute die Bücher kaufen und lesen – und das ist das Wichtigste, oder?
der Mensch, der auf andere wartet
Echte Szene, als ich so tat, dass ich was von Flaubert las. Mutter und Tochter nähern sich dem Bereich der Fantasy Bücher. Die Tochter sagt, ich schaue kurz nach dem Buch X, will’s auf Englisch haben. Die Mutter, auf dem Sessel sitzend und auf dem Handy scrollend, ja ich warte hier. Die Tochter kommt nach einige Minuten: ich schaue doch, wie das Buch auf Deutsch ist. Die Mutter: muss ich mitkommen? Die Tochter hört nicht mehr, sie ist schon weg und die Mutter scrollt weiter auf dem Handy, auf dem Sessel sitzend. Die Frage blieb mit mir: wie hat sich die Tochter dann entschieden?
der Mensch, der für die non-books da ist
Brettspiele, Kartenspiele, Lego, Playmobil, tonies, Handlettering-Sets, Bullet Journals, Bastelbedarf, Zeichenbedarf, Tagebücher, Notizbücher, Stifte, Kugelschreiber, Tierkalender, Tischkalender, Abreißkalender, Musik, Zeitschrifte, Playstation Spiele, Geschirr, Gläser, Tassen, Tassenuntersetzer. Denn bei Thalia sind nicht nur Bücherliebhaber unterwegs, sondern auch Menschen, die möglicherweise nicht einmal daran denken, ein Buch zu kaufen. Es gibt dort alles, was ein “non-Book-Lover” so braucht und gerne kauft. Thalia ist ein Lieblingsort sowohl für Leseratten, aber auch für diejenigen, die nach Anderem stöbern und sich von anderen Dingen inspirieren lassen möchten. Übrigens, Leseknochen, Buchstütze und Lesezeichen gibt es auch im Angebot.
der Mensch, der lange stöbert und nichts kauft
Nicht so wie in kleinen unabhängige Buchläden, hat man bei Thalia die Freiheit, so lange zu stöbern, wie man will. Und ich bin selbst eine, die gerne diese Freiheit ausnutzt. Für manche ist diese Zeit des Stöberns noch kostbarer alt der Kauf selbst. Man wandert von Buch zu Buch, von Cover zu Cover, liest die Klappentexte und schmökert in den ersten Seiten. Verlorene Kunden sind diese Menschen auch nicht. Die haben einen anderen Schatz gefunden – der Reichtum des Auswahls und die Freiheit des Entdeckens.
der Mensch, der eigentlich Bücher kauft
Gott sei Dank, die gibt es auch! Und das nicht zu knapp! Inmitten der Playstation-Spiele, des Geschirrs und der Tassen trifft man bei Thalia immer noch auf die treuen Buchliebhaber, die mit gespannten Blicken die Regale durchforsten, auf der Suche nach dem nächsten Schatz für ihre Sammlung. Zwischen den Regalreihen, die von den neuesten Bestsellern bis zu zeitlosen Klassikern reichen, gibt es auch Menschen, die vielleicht ein lang ersehntes Buch gefunden haben.
Vielleicht war ich nicht die Einzige in Thalia, die, anstatt Bücher zu kaufen, sich dem Beobachten von Menschen hingab. Vielleicht wurde auch ich selbst beobachtet und man dachte über mich, ich säße bloß in einem Lesesessel, und täte so, als ob ich lese. Doch das war nur diesmal, versprochen. Normalerweise bin ich diejenige, die ausgiebig stöbert, blättert, und am Ende doch nichts kauft. Weil ich um die 50 ungelesene Bücher zu Hause auf mich wartend habe und schon Lesepläne für die nächsten 50 Jahre geschmiedet habe. Aber dann vielleicht in 10 Jahre könnte ich diejenige werden, die tatsächlich Bücher kauft. Schließlich kann es auf Dauer nicht anders sein.
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